Was tun bei negativen Internetrezensionen?

17.04.2023 Was tun bei negativen Internetrezensionen?

Idealerweise sind sie wohlwollend, konstruktiv und vielleicht sogar etwas schmeichelnd. Und wenn Internetrezensionen auch noch mit dem Maximum an zu vergebenden Sternen beziehungsweise der Bestnote garniert werden, hat wohl kein Unternehmen etwas gegen sie. Onlinebewertungen können schliesslich einen massiven Einfluss auf die Konsumenten und ihre Wahl haben. Allerdings gilt das auch im Negativen – schlechte Bewertungen sind zweifellos schlecht fürs Geschäft. Wir zeigen auf, welche Entschärfungsmöglichkeiten es bei negativen Bewertungen, ob berechtigt oder nicht, gibt, und wie Sie bei rufschädigenden respektive unzulässigen Rezensionen vorgehen können.

Auch im Schlechten liegt eine Chance

Wenn Sie eine negative Bewertung erhalten haben – ganz egal, ob halbwegs gerechtfertigt oder völlig an den Haaren herbeigezogen –, sollten Sie sachlich und schnell reagieren. Beantworten Sie die Bewertung höflich, gehen Sie dabei auf die rezensierende Person ein und bieten Sie eine Lösung an. Auf Entschuldigungen sollten Sie verzichten, ausser, der Sachverhalt trifft tatsächlich zu und es gibt eine gute, nachvollziehbare Erklärung hierfür. Bedenken Sie: Ihre Antwort ist immer öffentlich und kann von potenzieller Neukundschaft gesehen und gelesen werden. Deshalb gilt das Höflichkeitsgebot umso mehr. Wenn Sie dabei eine gute Begründung für eine schlechte Bewertung haben, kann Ihre Antwort diese nicht nur entschärfen, sondern sogar für einen positiven Zustimmungseffekt seitens bestehender und neuer Kundschaft sorgen, der ohne diese negative Rezension gar nicht möglich gewesen wäre.

Tipps für die Beantwortung einer negativen Rezension

- Bleiben Sie positiv und verfassen Sie Ihre Antwort auch mit der entsprechenden Tonalität.

- Verwenden Sie auf keinen Fall Standardantworten.

- Versuchen Sie, auf eine bestimmte Kritik direkt mit etwas Gutem zu antworten. Wenn sich ein Kunde beispielsweise über eine lange Wartezeit beschwert, kann das mit einer stark gestiegenen Nachfrage nach Ihren Dienstleistungen oder Produkten begründet und um Verständnis geworben werden.

Eine freiwillige Löschung erwirken

Im besten Fall kann eine negative Bewertung wieder rückgängig gemacht und gelöscht werden. Sofern sie aus Sicht der Bewertungsplattform nicht unzulässig ist (oder gar strafrechtlich relevant), sind Sie aber von der verfassenden Person abhängig. Wenn sie Ihnen bekannt ist, sie die Bewertung eindeutig dieser Person zuweisen können und ihre Kontaktdaten haben, suchen Sie das direkte Gespräch mit ihr. Haben Sie zumindest den Namen, spricht aus Sicht der Juristinnen und Juristen von Orion aus Datenschutzsicht nichts dagegen, zu versuchen, die Person über gängige Kanäle wie etwa Facebook zu kontaktieren und sie zur Löschung des Eintrags zu bewegen. Die Anonymität des Internets schliesst jedoch selbst diese Vorgehensweise oft aus. Um bei Google oder anderen Plattformen eine Bewertung abzugeben, muss nicht der richtige Name angegeben werden, meistens besteht sogar die Möglichkeit, völlig anonym zu bewerten. Bei strafrechtlich relevanten Verstössen (dazu später mehr) kann die Person mittels IP-Adresse ausfindig gemacht werden. Dies setzt aber voraus, dass es sich effektiv um einen strafrechtlichen Tatbestand handelt. Es gibt aber noch eine Zwischenstufe – nämlich unzulässige Bewertungen aus Sicht der Bewertungsplattform.

Eine Löschung beantragen

Für Bewertungen, die nach Ermessen der jeweiligen Plattform unzulässig sind, kann eine Löschung beantragt werden. Was als unzulässig taxiert wird, definiert prinzipiell die Plattform selbst. Die Toleranzgrenzen sind relativ hoch angesetzt. Google erachtet beispielsweise Hassreden mit direktem Aufruf zur Gewalt, illegale Inhalte oder unbelegte Behauptungen bezüglich unethischen Verhaltens oder krimineller Aktivitäten als unzulässig – damit befinden wir uns bereits im strafrechtlich relevanten Bereich und dass solche Äusserungen unzulässig sind, liegt ja eigentlich auf der Hand. Zwar steht unter dem Punkt «Falschdarstellung» auch wörtlich: «Inhalte, die nicht auf realen Erlebnissen basieren und den betreffenden Ort bzw. das entsprechende Produkt nicht wahrheitsgemäss darstellen.» Damit würde eine Rezension einer Person, die gar nie eine Dienstleistung oder ein Produkt des betroffenen Unternehmens bezogen hat, als unzulässig gelten. Es stellt sich aber die Frage, wie man das beweisen soll. Eine derartige Fake-Bewertung könnte sogar strafbar sein und als «Betrug» einstuft werden. Das Problem der Beweislast bleibt aber trotzdem. Die grössten Chancen auf Löschung haben somit Einträge, die zweifelsfrei strafrechtlich sind , wie etwa die Hassrede mit Aufruf zu Gewalt oder auch sexuell belästigende Aussagen. Ist ein Bewertungseintrag gemäss den Richtlinien der jeweiligen Plattform effektiv unzulässig, können Sie etwa bei Google ein spezifisches Formular zum Antrag auf Löschung verwenden oder noch besser die entsprechende Rezension in Ihrem Google My Business Konto anwählen und als unangemessen melden. Google wird Ihr Anliegen daraufhin prüfen und Sie für gewöhnlich per E-Mail orientieren. Bei Tripadvisor und anderen, teil branchenbezogenen Bewertungsplattformen, empfehlen wir die Beantragung über die Management-Zentrale Ihres Kontos. Geben Sie dabei immer möglichst ausführlich die Gründe an, warum die Bewertung entfernt werden soll.

Eine Löschung erzwingen

Grundsätzlich gibt es, je nach Ausmass einer negativen Bewertung, zivil- oder sogar strafrechtliche Möglichkeiten. Um rechtliche Schritte einzuleiten, müssen bestimmte Tatbestände erfüllt sein. Wer beispielsweise eine Dienstleistung schlecht bewertet, weil sie zu teuer sei, kann diese subjektive Ansicht frei teilen und handelt nicht gesetzeswidrig. Wird ein Anbieter jedoch als Betrüger bezeichnet, ist dies sowohl persönlichkeits- als auch ehrverletzend und ein Zivil- wie auch Strafverfahren somit prüfenswert. Kommt es dabei zu einem rechtskräftigen Urteil, können sowohl die bewertende Person als auch die betroffene Plattform im Prinzip zu einer Löschung der Bewertung gezwungen werden, sofern das noch nicht geschehen ist respektive die Plattform dem Löschantrag nicht entsprochen hat.

Zivilrechtliches Vorgehen

Gegen persönlichkeitsverletzende Beiträge kann gestützt auf Art. 28 und Art. 28a ZGB zivilrechtlich vorgegangen werden. Die Frage, ob ein Beitrag persönlichkeitsverletzend ist, ist keine einfache. Es muss zwischen sogenannten Tatsachenbehauptungen und Werturteilen unterschieden werden. Ersteres sind Aussagen über konkrete Zustände oder Ereignisse, die auch bewiesen werden können. Sind Tatsachenbehauptungen unwahr, sind sie immer persönlichkeitsverletzend. Aber selbst, wenn sie wahr sind, können sie rechtlich problematisch sein, und zwar dann, wenn sie ohne sachlichen Grund geäussert werden oder unnötig herabsetzend oder beleidigend sind. Werturteile hingegen sind Äusserungen in Form einer persönlichen Meinung, Wertung, Einschätzung etc. und können nicht durch Tatsachen belegt werden. Werturteile sind dann persönlichkeitsverletzend, wenn sie wie bei wahren Tatsachenbehauptungen unnötig verletzend oder beleidigend sind. Zum Beispiel, wenn in einer Rezension steht, die Mitarbeitenden eines Unternehmens seien allesamt unattraktiv.

Kommt das Gericht zum Schluss, eine Rezension sei persönlichkeitsverletzend, kann die verfassende Person unter Androhung einer Strafe zur Löschung des Beitrages verpflichtet werden oder das Gericht kann feststellen, dass der Beitrag unzulässig war. Löscht die/der Rezensierende den Beitrag trotz gerichtlicher Verpflichtung nicht und eine Vollstreckung des Urteils ist nicht oder nur schwer möglich, da die Person etwa im Ausland wohnt, kann das Urteil der Bewertungsplattform vorgelegt und die Löschung des nachweislich persönlichkeitsverletzenden Beitrages verlangt werden. In der Regel reagieren die Bewertungsplattformen bei Gerichtsurteilen rasch.  

Der Zeitfaktor eines Gerichtsverfahrens ist nicht zu unterschätzen. Zudem besteht auch ein nicht unerhebliches Prozessrisiko, da den Gerichten jeweils ein grosser Ermessensspielraum bei der Frage zukommt, ob eine Bewertung nun persönlichkeitsverletzend ist oder nicht. Theoretisch könnten sogar Ansprüche auf Schadenersatz, Genugtuung und Gewinnherausgabe gemäss Obligationenrecht (Art. 28a Abs. 3 ZGB) geltend gemacht werden. In der Praxis ist es allerdings kaum je möglich, nachzuweisen, dass bestimmte Vermögensschäden wie Umsatzeinbussen unmittelbar und allein auf eine bestimmte Rezension zurückzuführen sind. Die Schweizer Gerichte sind bei der Zusprechung von Genugtuungsansprüchen allgemein sehr zurückhaltend.

Strafrechtliches Vorgehen

In wenigen Fällen ist auch ein strafrechtliches Vorgehen denkbar. Im Rahmen eines Strafverfahrens besteht etwa die Möglichkeit, eine/n anonyme/n Verfasser/in mittels IP-Adresse ausfindig zu machen, da die Behörden von Amtes wegen versuchen werden, die Bewertung einer Person zuzuordnen. Geschützt wird jedoch im Strafrecht nur die soziale Ehre, nicht die berufliche. Bewertungen, welche demnach allein auf die berufliche Ehre abzielen, erfüllen keinen Straftatbestand. Auch hier ist der Ermessensspielraum der Behörden nicht zu unterschätzen. Erfahrungsgemäss werden viele solcher Strafverfahren zudem ergebnislos eingestellt.

Wichtig: Wird ein Strafurteil gefällt, verpflichtet dies die/den Verurteilte/n nicht zur Löschung, sondern sanktioniert sie/ihn. Das Urteil führt somit nicht automatisch zur Löschung der Rezension, sondern muss gegenüber der verfassenden Person notfalls durchgesetzt werden. Zumindest kann es auch in diesem Fall der Bewertungsplattform vorgelegt werden, um die Löschung zu beantragen. Grundsätzlich reagieren die Bewertungsplattform bei Strafurteilen ebenfalls mit einer umgehenden Löschung des entsprechenden Beitrages.

Orion ist für Sie da

Wenn Sie bei einer Rezension einen zivil- oder gar strafrechtlichen Sachverhalt vermuten, stehen Ihnen die Juristinnen und Juristen von Orion gerne zur Verfügung. Bei der telefonischen Rechtsberatung Orionline erfolgt unter der Nummer 0848 88 88 44 eine Ersteinschätzung und Sie erhalten wertvolle Tipps zum weiteren Vorgehen. Bei persönlichkeitsverletzenden Rezensionen, welche die Grenze zur strafrechtlichen Relevanz überschreiten (Üble Nachrede, Verleumdung, Beschimpfung) greift zudem der Persönlichkeits- und Internetrechtsschutz. Dieser beinhaltet unter anderem das Einreichen einer Strafanzeige und das Beauftragen einen spezialisierten Dienstleisters mit der Löschung persönlichkeitsverletzender Inhalte.

 

Hilfreiche Links

Löschantrag für negative Bewertung bei Google:

https://support.google.com/business/answer/4596773?hl=de&co=GENIE.Platform%3DAndroid  

Melden einer Bewertung und Beantragung der Löschung bei Tripadvisor:

https://www.tripadvisorsupport.com/de-DE/hc/owner/articles/346  

Anleitung für Meldung eines Beitrags bei yelp:

https://www.yelp-support.com/article/Wie-melde-ich-einen-Beitrag?l=de

 

 

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